Die Stärkung der Familie steht in der hiesigen Gesellschaft immer wieder im Vordergrund. Der Heilige ProphetSAW sagte, dass ein Muslim mit der Heirat den halben Glauben erfüllt. [1]
Hadhrat Musleh Ma’udRA sagte über die Wichtigkeit des Nikah [islamische Trauung]: „Dies ist eine so wichtige Angelegenheit, dass es nach der Beziehung zu Gott die zweitwichtigste Aufgabe ist, dieses zu erfüllen und zu schützen. Die Scharia hat zwei Rechte, die Rechte Allahs und die Rechte der Mitmenschen, bestimmt. Das Nikah bildet also das Fundament des zweiten Teils. Die Scharia hat es für so wichtig eingestuft, aber es gibt viele Menschen, die dessen Bedeutung nicht verstehen und die darin enthaltenen Vorteile nicht erzielen [...] Daher ist es wichtig, dass die Mitglieder unserer Gemeinde die Bedeutung der Ehe verstehen und versuchen, sie zu erfüllen.“ [2]
So wird die Wichtigkeit der Ehe auch im Islam deutlich, doch es stellt sich für einen gläubigen Muslimen und eine gläubige Muslima die Frage, inwiefern die Ehe zum eigentlichen Ziel - Allahs Wohlgefallen zu erlangen – führt und wieso der Glaube erst durch die Ehe vervollkommnet werden kann.
Allah sagt im Heiligen Qur´an:
یٰۤاَیُّہَا الَّذِیۡنَ اٰمَنُوا اتَّقُوا اللّٰہَ وَ ابۡتَغُوۡۤا اِلَیۡہِ الۡوَسِیۡلَۃَ وَ جَاہِدُوۡا فِیۡ سَبِیۡلِہٖ لَعَلَّکُمۡ تُفۡلِحُوۡنَ [36]
„O die ihr glaubt, fürchtet Allah und suchet den Weg der Vereinigung mit Ihm und strebet auf Seinem Wege, auf dass ihr Einzug habt.“ [3]
Allah weiß, was gut für den Menschen ist und hat uns mit dem Heiligen ProphetenSAW ein Vorbild gegeben, an dessen Leben wir uns halten können, da seine Praxis den Willen Allahs verkörpert.
Der Heilige ProphetSAW sagte: „Die Heirat ist meine Sunna [Praxis/Weg]. Wer meine Sunna [Praxis/ Weg] vernachlässigt und nicht beschreitet, ist nicht von mir. […]“ [4]
Es geht hierbei keineswegs darum, jemanden auszuschließen, sondern den besten Weg zu zeigen. Denn die Ehe birgt Vorteile für die persönlichen, die spirituellen und sogar weltlichen Ziele eines Menschen.
Hadhrat Abdullah Ibn AmrRA überlieferte, dass der Heilige ProphetSAW sagte: „Die Welt ist ein Mittel zum Leben und es gibt kein besseres Mittel zum Leben als eine fromme Frau.“ [5]
Auch der Verheißene MessiasAS wies auf drei Vorteile der Ehe hin, die im Heiligen Qur’an thematisiert werden: „Bewahrung der Keuschheit (innerhalb der Gesellschaft) und Frömmigkeit, Gesundheit und Nachwuchs.“ [6]
Durch den Bund der Ehe fällt es einer Gesellschaft leichter, keusch und fromm zu sein, da jeder bekanntermaßen einen Partner hat. Die Hürde der Unkeuschheit ist somit um vieles größer und wird in den meisten Fällen nicht überschritten. So bleibt ein verheirateter Mensch meist auch gesünder, wodurch er leichter psychologisch bedingte Krankheiten vorbeugen kann, die auf Einsamkeit zurückzuführen sind. Und durch die Ehe wird Nachwuchs gezeugt, der die Menschheit erhält.
Neben der Wichtigkeit und den o.g. Vorteilen der Ehe, dient diese auch als Lehrstätte um gemeinsam im Spirituellen zu wachsen.
Hadhrat Musleh Mau‘udRA sagte: „Bei Ehen geht es darum, die Grundlage für Liebe zu schaffen. Die Liebe von Ehemann und Ehefrau ist in Wahrheit ein Schattenbild der Liebe Gottes. Die Ehe ist eine Lehrstätte, in der die Liebe zu Gott, dem Allmächtigen, gelehrt wird. [...] Allah der Allmächtige hat die Beziehungen zwischen Ehemann und Ehefrau zu einem Zeichen Seiner Liebe erklärt. [...] Die Liebe der Eltern ist also ein Schattenbild der Liebe Gottes, des Allmächtigen. Die Liebe der Ehefrau ist auch ein Schattenbild der Liebe Gottes, des Allmächtigen, und die Liebe der Kinder ist auch ein Schattenbild der Liebe Gottes, des Allmächtigen. [...] Diese drei sind gleichsam eine Lehrstätte, in der der Mensch die Liebe Gottes erlernt und sie anderen lehrt.“ [7]
Die Moral des Menschen bildet sich somit in der Ehe weiter, da man die Liebe Allahs lernt.
Der Verheißene MessiasAS sagte dazu: „Die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau sollte sein wie die zwischen zwei wahren und aufrichtigen Freunden. Schließlich ist es die Frau, die der wichtigste Zeuge der hohen moralischen Werte eines Mannes und seiner Beziehung zu Gott, dem Allmächtigen, ist. Wenn seine Beziehung zu seiner Frau nicht gut ist, wie kann er dann in Frieden mit Gott sein? Der Heilige ProphetSAW sagte: „Der Beste unter euch ist derjenige, der seine Frau am besten behandelt.“ [8]
Allah sagt im Heiligen Qur´an:
ہُنَّ لِبَاسٌ لَّکُمۡ وَ اَنۡتُمۡ لِبَاسٌ لَّہُنَّ ط
„Sie sind euch ein Gewand und ihr seid ihnen ein Gewand.“ [9]
Das heißt, dass Mann und Frau füreinander da sind und zwischen ihnen eine besondere Liebe und Freundschaft zu finden sein sollte.
An einer weiteren Stelle des Qur´ans heißt es:
وَ مِنۡ اٰیٰتِہٖۤ اَنۡ خَلَقَ لَکُمۡ مِّنۡ اَنۡفُسِکُمۡ اَزۡوَاجًا لِّتَسۡکُنُوۡۤا اِلَیۡہَا وَ جَعَلَ بَیۡنَکُمۡ مَّوَدَّۃً وَّ رَحۡمَۃً ؕ اِنَّ فِیۡ ذٰلِکَ لَاٰیٰتٍ لِّقَوۡمٍ یَّتَفَکَّرُوۡنَ [22]
„Und unter Seinen Zeichen ist dies, dass Er Partner für euch schuf aus euch selbst, auf dass ihr Frieden in ihnen fändet, und Er hat Liebe und Zärtlichkeit zwischen euch gesetzt. Hierin sind wahrlich Zeichen für ein Volk, das nachdenkt.“ [10]
Diese wunderschönen Worte Allahs zeigen, wie eine Ehe zu sein hat. Allah setzt den Grundstein der Liebe und Zärtlichkeit zwischen Ehepartnern, welchen sie pflegen müssen, denn dadurch wird die Ehe segensreich.
Der Verheißene MessiasAS schreibt hierzu: „Wenn eine Affinität zwischen Mann und Frau besteht und sie ineinander verliebt sind, so gilt ein solches Paar als besonders segenbringend und wertvoll.“ [11]
Nun stellt sich die Frage, wie ein solcher Ehepartner zu finden ist, mit dem eine segensreiche, liebevolle, schützende und lehrende Ehe in Übereinstimmung mit den Geboten Allahs eingegangen werden kann und in der man auch glücklich werden kann. Dies ist keineswegs ein leichtes Unterfangen, das das Leben des Menschen im großen Maß lenkt.
Der Heilige ProphetSAW gab uns für diese Suche eine wichtige und weise Richtlinie: „Es gibt vier Gründe, sich mit einer Frau vermählen zu lassen: Entweder wegen ihres Reichtums oder wegen ihrer Familienzugehörigkeit, wegen ihrer Schönheit oder wegen ihres Glaubens. Aber du sollst eine gläubige Frau bevorzugen, dadurch wirst du glücklich bleiben, ansonsten wirst du immer von Schwierigkeiten geplagt werden.“ [12]
Er führte also vier Gründe an. Reichtum und Schönheit können schnell vergehen. Die Familien- oder Kastenzugehörigkeit sollte auch keinerlei Rolle bei der Auswahl des Ehepartners spielen, da diese nichts über den Charakter des Ehepartners aussagen. Doch das Grundlegendste, das ein Indiz einer glücklichen Ehe wird, ist der Glaube eines Menschen. Denn dieser gibt dem Menschen eine Richtschnur für das Leben. So weiß ein Gläubiger, welch heilige Institution die Ehe im Islam darstellt und welche Segnungen mit dieser verbunden sind. Auch die Pflichten und Rechte in der Ehe sind vorgegeben. Wenn man sich an diese Lehre des Islams hält, wird dies zu einem Garanten einer glücklichen Beziehung und führt zu Allah.
Des Weiteren ist selbstverständlich die Zustimmung beider Partner von ausschlaggebender Wichtigkeit. Die Zwangsehe ist im Islam nicht erlaubt. Sowohl das Mädchen als auch der Junge haben das Recht darauf, nach umfassender Auskunft und Überlegung zu bestimmen, ob sie einer Eheschließung zusagen oder nicht.
Der Heilige ProphetSAW sagte: „Die Ehe, die den meisten Segen bringt, ist diejenige, die von ihrem Aufwand am einfachsten ist.“ [13]
Deshalb sollte man intensiv für seinen zukünftigen Partner beten. Hudhur-e-AqdasABA sagte zur Herangehensweise eines Rishta-Vorschlages: „Beten Sie vierzig Tage lang und schicken Sie nur dann einen Vorschlag ab, wenn Sie sich zuversichtlich fühlen - und wenn nicht, schicken sie ihn nicht ab. Auch das Mädchen sollte nicht sofort antworten, sondern Zeit im Gebet verbringen, bevor es eine Antwort gibt.“ [14]
Jeder Mensch ist manchmal in seinem Leben unentschlossen, wie er eine Sache angehen soll und verspürt das Bedürfnis, andere um Rat zu fragen. Diese Ratschläge anderer müssen nicht zwingend zu der „richtigen“ Entscheidung für sich selbst führen, wobei dem Gegenüber nicht eine böswillige Absicht zuzusprechen ist. Allah hat uns die schöne Möglichkeit gegeben, Ihn direkt um Weisung und Rat zu bitten, was in jedem Fall zum Erfolg führt. Diese Möglichkeit ist das Istiḫāra, was bedeutet, Gott um Führung und Segnungen und um ein erfolgreiches Ergebnis der Angelegenheit zu bitten. Wegen der Bitte um das Gute (ḫair) wird es ṣalātu l-ʾistiḫāra genannt.
Insbesondere die Ehe ist eine solche Angelegenheit, die nicht ohne Überlegung und Weisung entschieden werden sollte, da sie maßgeblich das Leben eines Menschen bestimmt. So sollte gerade bei dieser wichtigen Entscheidung um Allahs Rat im Istiḫāra gebeten werden, statt übereilig zu handeln.
خُلِقَ الۡاِنۡسَانُ مِنۡ عَجَلٍ ؕ سَاُورِیۡکُمۡ اٰیٰتِیۡ فَلَا تَسۡتَعۡجِلُوۡنِ [38]
„Der Mensch wurde aus der Essenz der Ungeduld geschaffen. Ich werde euch Meine Zeichen zeigen, aber fordert nicht von Mir, dass Ich Mich übereile.“ [15]
Wir Menschen können nicht mit Sicherheit sagen, welche Entscheidung zur Glückseligkeit führen wird. Doch Allah weiß, was für uns gut ist.
Der Heilige ProphetSAW sagte hierzu: „Glückseligkeit für den Sohn Adams liegt in der wohlgefälligen Akzeptanz dessen, was Allah für ihn beschlossen hat. Und Unglück bringt dem Sohn Adams, dass er es verlässt, Allah um das Gute (das Khair) zu bitten. Ebenfalls liegt das Unglück des Adamssohnes in der zornigen Auflehnung gegen den Beschluss Allahs.“ [16]
Der Verheißene MessiasAS sagte: „Heutzutage haben die meisten Muslime das Ausüben des istiḫāra aufgegeben, wohingegen der Heilige ProphetSAW das istiḫāra zu verrichten pflegte. Die frommen Muslime, die uns vorausgegangen sind, machten davon auch Gebrauch. Atheismus hält jetzt bei den Menschen Einzug, sie sind stolz auf ihr Wissen und ihre Bildung und beginnen mit dem, was sie vermögen. Das Ergebnis davon ist, dass sie in ihren Unternehmungen wegen unvorhersehbarer Kleinigkeiten scheitern und Schaden erleiden; aus Gründen, die jenseits ihres Verständnisses liegen. Soweit es das istiḫāra betrifft, so war es bestimmt, die schlechten Gebräuche des Polytheismus zu ersetzen, die die Polytheisten vor dem Beginn einer Handlung praktizierten. Jetzt aber haben die Muslime es vergessen, obwohl das istiḫāra uns einen richtig geleiteten Intellekt garantiert.“ [17]
Neben dem Istiḫāra ist auch das Beten für den richtigen Ehepartner von immenser Wichtigkeit. Wir beten für Kleinigkeiten zu Allah. So ist das Dua für den richtigen Ehepartner essenziell für ein gelingendes Leben.
Hudhur-e-AqdasABA sagte in seiner Abschlussansprache bei dem Nationalen Ijtema UK der Lajna Imaillah im Jahre 2009, dass Hadhrat Khalifatul Masih I.RA Mädchen dazu aufgefordert hatte, für ihre zukünftigen Ehepartner mit dem folgenden Bittgebet aus dem Heiligen Qur’an zu beten:
رَبَّنَا ہَبۡ لَنَا مِنۡ اَزۡوَاجِنَا وَ ذُرِّیّٰتِنَا قُرَّۃَ اَعۡیُنٍ وَّ اجۡعَلۡنَا لِلۡمُتَّقِیۡنَ اِمَامًا [75]
„Unser Herr, gewähre uns an unseren Frauen und Kindern Augentrost und mache uns zu einem Vorbild für die Rechtschaffenen.“ [18]
Hudhur-e-AqdasABA sagte, dass es heute noch wichtiger als je zuvor sei. Mädchen im Alter von zwölf oder dreizehn Jahren sollten beginnen, dieses Gebet zu sprechen.
Das Gebet hat neben seinem spirituellen auch einen pädagogischen Effekt. Während wir für unseren Ehepartner beten, beten wir auch dafür, dass wir selbst zu einem guten Ehepartner werden. Somit versuchen wir den Geboten Allahs Folge zu leisten, wobei Allah einem die Kraft hierfür gibt und man dadurch bestmöglich versucht, die Voraussetzungen eines guten Ehepartners zu erfüllen.
Miteinander „groß“ werden
Wenn man früh heiratet, bedeutet es, dass man einige wichtige Lebensabschnitte noch vor sich hat und diese gemeinsam bewältigt. Diese verschiedenen Lebensphasen - seien es nun der Studienabschluss oder der erste Job – werden somit vom jeweiligen Partner begleitet, was die Beziehung stärkt.
Sich aneinander anpassen
Eine frühe Heirat führt dazu, dass man sich früh an den Partner mit all seinen Gepflogenheiten gewöhnt. So lernt man des Weiteren auch Kompromisse einzugehen und offener für Neues zu sein. Ab einem bestimmten Alter ist man jedoch festgefahren in verschiedenen Verhaltensmustern, die schwieriger zu ändern sind bzw. wodurch es auch schwieriger ist, sich auf die jeweiligen Verhaltensweisen eines anderen einzustellen und neue Interessen zu finden.
Weniger Enttäuschung
Man setzt im Laufe der Jahre hohe und unrealistische Erwartungen in den Ehepartner. Diese würden bei einer frühen Heirat vermieden werden, was Enttäuschungen erspart.
Gemeinsame Lebensplanung
Da beide Partner noch viele Meilensteine vor sich haben, kann die Lebensplanung aufeinander abgestimmt werden. Dies wird erschwert, wenn ein Teil des Lebens bereits verplant ist, so dass ein Partner sich, ohne vorher gefragt worden zu sein, darauf einzustellen hat.
Leichtere Kinderplanung
Ein weiterer Vorteil der frühen Heirat ist, dass man leichter Kinder bekommen kann, da ein höheres Alter dies erschwert. So würden auch schlaflose Nächte aufgrund eines weinenden Säuglings leichter zu bewältigen sein als mit höherem Alter.
Weniger emotionaler „Ballast“
Psychologisch gesehen ist es gesünder, jung zu heiraten. Man bekommt von Freunden und der Familie im Laufe des Lebens Trennungen und Enttäuschungen mit. Mitunter entwickelt man dadurch sogar eine Abneigung, selbst zu heiraten aus Angst vor eventueller Enttäuschung.
[1] Mishkat al-Masabih, Kitab an Nikah, Nummer 3096
[2] Khutbat e Mahmood, Bd. 3, S.121,122
[3] Der Heilige Qur´an, 5:36
[4] Sunan Ibn Majah, Kitab an Nikah, Buch 9, Hadith Nummer 1919
[5] Sunan Ibn Majah, Kitab an Nikah, Hadith Nummer 1855
[6] Ruhani Khazain Bd. 10, Ariya Darham, S. 22
[7] Khutbaat-e-Mehmood, Bd.3, S.374 & 376
[8] Hadhrat Mirza Ghulam AhmadAS, Malfūẓāt, Bd. 3, S. 300, Edition: 1988
[9] Der Heilige Qur´an, 2:188
[10] Der Heilige Qur’an, 30:22
[11] Malfuzaat, Bd. 9, S. 6, 1982
[12] Sahi Muslim, Kitab ur riza, Hadith Nummer 5090
[13] Mishkat al-Masabih, Kitab an Nikah, Nummer 3097
[14] Gruppen-Mulaqat mit den Amtsinhabern der Lajna Imaila aus der Region Hamburg Deutschland - This Week With Huzoor - 11 January 2019 - https://www.youtube.com/watch?v=cmnnmvif4QQ&list=PLskzM_vEFYiv0sA4vQmFzvo-0ZFls6m-R&index=94&ab_channel=MTANews
[15] Der Heilige Qur´an, 21:38
[16] Jami` at-Tirmidhi, Kitabu’l Qadar, Hadithnr. 2151
[17] Badr, 13. Juni 1907, S.3 & Fiqhu l-masīḥ, S.132
[18] Der Heilige Qur´an, 25:75